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Die ganz normalen Models

Die gängige Vorstellung von einem Top-Model ist durch die Laufsteg Events und die High-Fashion-Fotostrecken in Hochglanzzeitschriften geprägt. Wen suchen aber Firmen, die ihre Werbung ganz anders gestalten wollen? Sie greifen zu den sogenannten "real people models" un diese sind mehr mehr den je im Kommen.

Modelscout Simon Rogers aus New York hat sich auf die Menschen von der Straße spezialisiert. Er findet Newcomer für seine Modelagentur "Ugly New York" auf dem Nachhauseweg in der Bahn oder beim Training im Fitnesstudio. Sogar einen Postboten, der eigentlich nur ein Paket abliefern wollte, nahm er schon spontan unter Vertrag.

Rogers hat seine Agentur, Tochter einer alteingesessenen Londoner Agentur namens Ugly Models, im Sommer 2006 eröffnet. Damit ist sie eine der vielen Talent- und Scoutagenturen, die sich in letzter Zeit auf Models spezialisieren, die nicht wie Models aussehen - eine Antwort auf das Verlangen nach Wiedererkennung und Nähe in der Werbung.

Angeblich ist ein Model, das aussieht, wie der elegante, aber freundliche Nachbar nicht nur glaubwürdiger, er signalisiert auch: Ich könnte genauso sein! Ich könnte mir auch das passende Auto, Aftershave oder Badreiniger zulegen! 

Es ist zwar keine neue Masche, "einfache" Leute in der Werbung zu verwenden, aber im Moment erleben die Durschnittsmodels eine besonders gute Zeit. Sie werden bekannt durch Kampagnen von Technikherstellern und Kosmetikkonzernen, aber auch Luxusmarken wie Chanel bedienen sich immer häufiger der Models von der Straße.

Peter Arnell, Gründer einer Firma für Marken- und Produkterfindungen, sagt, der Trend sei vor allem Reality-Shows zu verdanken, und auch Internet-Plattformen wie YouTube und MySpace spielten eine Rolle. Sie bieten jedem Menschen eine Chance, sein Gesicht und Talent der ganzen Welt bekannt zu machen.

Aber was ist für einen Modelscout "echt" und "natürlich"? Warum ist bei einer Person die Hakennase hässlich und bei der anderen interessant? Scouts auf der Straße achten besonders auf einen außergewöhnlichen Look und natürliches Selbstbewusstsein. Ein älterer Mann im Zug fiel Talentscout Rogers zum Beispiel auf, weil er so fröhlich und aufgeräumt wirkte und einfach das "besondere Etwas" ausstrahlte.

Jennifer Venditti, die vor mehr als einem Jahrzehnt in New York die Castingagentur JV8 Inc. gründete, hat ihre Scouts angewiesen, sich vor "Style ohne Sinn" in Acht zu nehmen. Oft, so sagt sie, würden Leute versuchen, durch ihre Kleidung ein Image zu projizieren, wären ohne diese Verkleidung aber vollkommen uninteressant.

Als Beispiel für ihr Auswahlverfahren erinnert sich Venditti an ein Fotoshooting mit Kate Moss für das Magazin "W". Für die Aufnahmen wurden normale Leute gebraucht, um den Hintergrund zu füllen, und so schaute sie kurzerhand bei einem Schulball in Detroit vorbei. "Plötzlich sah ich diese wundervolle Person" erzählt sie begeistert, "Dieses unglaublich geschnittene Gesicht, lange Haare, im Smoking - ich musste einfach hingucken." Das Mädchen wurde für das Shooting engagiert.

Auch Camille Adams, früher selbst Fotomodel und Stylistin, gründete eine Talentagentur in St. Louis, nachdem sie bemerkt hatte, dass Fotografen sich immer mehr von professionellen Models entfernten. Sie sucht heute hauptsächlich nach Leuten, die ganz typisch für einen Bereich sind. "Man muss sie anschauen können und sagen: Mit dieser Brille oder diesem Anzug ist das sicherlich ein Banker." Oder eine Studentin, wie etwa ein asiatisches Mädchen, das ihr auf der Straße begegnete. "Sie trug einen Mantel, Jeans und eine Tasche, aber es war in ihrem Gesicht. Sie hatte diesen ernsten Blick und einen energischen Gang."

Übrigens bedeutet "real people" aber nicht nur den Durschnittsmensch von Nebenan. In der Kartei von Rogers zum Beispiel findet sich eine schwergewichtige Burlesque-Tänzerin, ein Sumowrestler und grünbärtiger Mann namens Miss Colombia - jeder hat heute eine Chance, groß rauszukommen.

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